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DER ROSENKAVALIER

Richard Strauss

Inszenierung | Licht Sebastian Ritschel
Musikalische Leitung Raoul Grüneis
Ausstattung Sebastian Ritschel | Video: Steffen Cieplik
Dramaturgie Christoph Nieder | Ronny Scholz
Choreinstudierung Tobias Horschke
 
Premiere 15. März 2014 | Theater Freiberg

Besetzung

Die Feldmarschallin Leonora del Rio
Baron Ochs Sergio Raonic Lukovic
Octavian Barbara Fritscher
Herr Faninal Guido Kunze
Sophie Miriam Alexandra
Marianne Leitmetzerin Susanne Engelhardt
Valzacchi Jens Winkelmann
Annina Bettina Denner-Brückner
Ein Notar | Ein Polizeikommisar Michael Zehe
Drei adelige Waisen Urte Jung | Stefanie Metzler | Kathrin Moschke
Eine Modistin Rita Zaworka
Ein Sänger Alexandru Badea
Leopold Frieder Post
Ein Tierhändler | Ein Wirt San Tea Lee
Haushofmeister der Feldmarschallin Mark Schreck
Haushofmeister bei Faninal San Tea Lee
Kellner Mark Schreck | Michael Zeiske | Stefan Burmester | Dimitro Moses
Ein kleiner Diener (Mohamed) Joschi Bayerlein

Trailer |

Rezensionen

Wiebke Roloff - Opernwelt

Kammerspiel 

[...] Die Musiker verteilen sich auf Bühne- und Seitenbühnen, ein Schleier im Portal sorgt für einen Hauch Geheimnis, dient ab und an als Video-Projektionsfläche. Das Geschehen selbst rückt nah ans Publikum: Kammerspiel statt Ausstattungsoper. Eine fesselnde Inszenierung in Schwarz, Weiß, Rot ist Sebastian Ritschel hier geglückt, analytisch, mit fein abgestimmter Personenführung. Mitten durch das Orchester führt ein Steg, auf dem immer wieder eine magische Parallelwelt entsteht. Hier singt der Sänger im kühlen Licht seine süße Arie, die, vorzeitig abgebrochen, einen Schatten auf die Zukunft der Marschallin wirft: Schlafwandlerisch tritt sie zu Octavian, doch er wendet sich ab. Von hinten kommt in surrealer Aufmachung die skurille Personnage, die das Quartett der Hauptfiguren umschwirrt. Der "kleine Neger" ist ein blondes Mädchen, vielleicht der Marschallin Jugend: Mit einem Schirm steht sie auf dem Traumsteg, während ihre Herrin sich fragt, wie es sein kann, dass sie "auch einmal die alte Frau sein" wird. Schnee fällt. Später hebt die Marschallin ein wenig davon auf, er rinnt ihr ein wenig durch die Finger wie Sand durch ein Stundenglas. Über den Steg schreitet sie auch am Schluss davon, weg von Octavian und Sophie, in würdigem Verzicht. [...] "Der Rosenkavalier" als Kammerspiel mit kammermusikalischen Qualitäten – er gelingt.

 

Boris Michael Gruhl - Dresnder Neueste Nachrichten

Ein Traum kann Wirklichkeit sein 

Das Mittelsächsische Theater in Freiberg, [...] hat sich einen großen Traum erfüllt und die Oper von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal auf die Bühne gebracht. [...]

Die Inszenierung hat man Sebastian Ritschel als Gast anvertraut, der formbewusst arbeitet, für entscheidende Szenen die Genauigkeit eines Kammerspiels bevorzugt und dennoch in der Lage ist, in bildkräftiger, zuweilen auch schräger Fantasie, kommentierende Parallelwelten so böser wie skurriler, komischer Träume sichtbar zu machen. So sind Rita Zaworka (Modistin) und Sang Tea Lee (Tierhändler) Zombis ihrer Berufsstände, Bettina Denner-Brückner und Jens Winkelmann als pseudoitalienisches Intrigantenpaar gespenstische Clowns und die adeligen Waisen putzige Püppchen mit beliebig abzuspulendem Bettelvers. Dazu, aus ganz anderen Welten, musikalisch voller Wehmut nach dem schönen Klang der ungetrübten Kunst eine Kostprobe des klagenden Belcanto: Alexandru Badea als italienischer Sänger. Nicht zu vergessen Frieder Post als blitzsauberer, aber eben nicht blitzgescheiter Leiblakai Leopold des Barons Ochs auf Lerchenau, in seiner Funktion als „Rosenkofferträger“. Gewissermaßen zwischen den Welten dann so aufgedreht wie selbstironisch im Spiel und dazu prägnant im Gesang Guido Kunze als neureicher Herr von Faninal, ein Kindsverkäufer, der gerade noch, gänzlich reuevoll und geläutert die Kurve kriegt. Sebastian Ritschel ist in Freiberg auch sein eigener Ausstatter. Dabei bildet das Orchester mit der „sichtbaren“ Musik schon mal einen optischen Schwerpunkt. Ritschels Bilder erinnern zuweilen, nicht nur wegen einiger knapper Videozuspielungen von Steffen Cieplik, an großes Kino aus der Stummfilmzeit, und so ist der Schritt nicht weit zur großen Oper, wenn zum Bild der Ton kommt.

Und der Regisseur vermag es, einen großen Opernabend zu inszenieren, unabhängig von der Größe des Theaters, denn den Hauptprotagonisten Marschallin, Octavian, Sophie und Baron Ochs gibt er viel Raum für intensives und sensibles Spiel in sorgsam choreografierten Konstellationen, so dass der begrenzte Raum der kleinen Bühne der emotionalen Weite des Geschehens keine Grenzen setzt. [...]

So feiert dieser „Rosenkavalier“ mit kleinen Kürzungen und Einsparungen beim Personal mit dem Freiberger Ensemble, dem Chor und der von Studierenden bestens verstärkten Mittelsächsischen Philharmonie einen mit viel Beifall und Bravorufen bedachten Premierenerfolg. Ganz ohne Gäste geht es nicht, einer von ihnen ist der Berliner Absolvent Michael Zehe mit so klarem wie klangschönem Bass als Notar und Polizeikommissar, der Name ist notiert.

 

Marianne Schultz - Freie Presse

Pracht und Purismus 

"Der Rosenkavalier" von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal hatte in Freiberg Premiere. Ein großer, sehr ausführlicher Abend - ein Abend mit Spitzenleistungen.

Das aufzuführen (unter donnerndem Beifall), dürfte eine der ehrgeizigsten Anstrengungen des Theaters nach Wagners "Tannhäuser" gewesen sein. Generalmusikdirektor Raoul Grüneis hat die groß besetzte Mittelsächsische Philharmonie nicht im Orchestergraben platziert, sondern auf der hinteren Bühne. Ein transparenter Vorhang trennt die Spielfläche von den Musikern.

Regisseur Sebastian Ritschel arbeitet bislang sehr erfolgreich am Theater Görlitz-Zittau. Er hat eine vollszenische, hochästhetische, aufs Wesentliche reduzierte Aufführung geschaffen, um das Kammerspiel um vier Personen in den Farben Schwarz, Weiß und Rot herauszukristallisieren: Die Feldmarschallin, Octavian, Baron Ochs und Sophie.

Um sie gruppiert er die gewaltige Personnage der Oper, die das Haus, Solisten und Chor, zum Äußersten fordert: Nicht immer weiß man, wer wer ist, doch stilistisch formt sich ein prächtiges Gesamtbild um Affären und Intrigen. In seiner Doppelfunktion als Ausstatter verzichtet Sebastian Ritschel gleichermaßen auf genaue Zeitangaben und Verortung: kein Boudoir (1. Akt), kein Saal für die Brautwerbung (2. Akt), kein Gasthaus (3. Akt), in dem Octavian als "Mariandel" sein Mütchen an dem dreisten Baron Ochs kühlen wird. Stattdessen beschränkt er sich auf wenige Requisiten: das Bett, die silberne Rose, den Gasthaus-Tisch.

Diese Stringenz einer klaren Entwicklung wird von großartigen Sängern getragen […]

 

Jens Daniel Schubert - Sächsische Zeitung

Größenwahn wird belohnt 

Das Theater Freiberg macht mit Richard Strauss große Oper auf kleiner Bühne. Das geht ans Herz und macht Gänsehaut.

Das Wagner-Verdi-Jahr ist passé, der aktuelle Jubilar heißt Richard Strauss. Auch kleinere Theater erweisen dem großen Komponisten ihre Referenz. Am vergangenen Wochenende stand am Theater Freiberg „Der Rosenkavalier“ erstmals auf dem Spielplan. Das Premierenpublikum bejubelte nach über drei Stunden Spieldauer plus zwei Pausen fast zwanzig Minuten lang die außerordentlich gelungene Aufführung. […]

Der Görlitzer Regisseur Sebastian Ritschel, der Inszenierung und Ausstattung übernommen hat, konzentriert die Komödie für Musik auf ein Kammerspiel, auf den zentralen Konflikt des Stückes. Die Protagonisten kleidet er in ästhetisch reizvolle, zeitlose Garderobe. Die Szenen rundum werden nur angedeutet. Mit guten Solisten und engagiertem Chor baut er sie als fast unwirklichen, auch in den Kostümen überhöhten Rahmen, der vielleicht nur in der Vorstellung seiner Protagonisten existiert. Deren Geschichten erzählt er intensiv, zu Herzen gehend und glaubwürdig.

 

Hagen Kunze - LVZ

Kammerspiel der Seelen 

Blicke ins Innere statt der üblichen Ausstattungsschlacht: Beim Döbelner „Rosenkavalier“ ist Reduktion Programm

Es ist eine zweifellos geniale Idee, die der Görlitzer Regisseur, der zugleich die Ausstattung besorgt hat, da präsentiert. Denn die notwendige Reduktion ist zugleich Programm. Indem Ritschel auf die sonst übliche Ausstattungsschlacht verzichtet, öffnet er den Blick für innere Vorgänge der vier Hauptfiguren. Die nämlich stehen sich wie im Kammertheater Aug in Aug gegenüber und offenbaren mit kleinen Gesten wie mit Blicken ihre Seelen. Und da der Regisseur vor allem die Partitur deutet, könnte man bisweilen gar die Augen schließen: Wenn Strauss düster grummelt, dunkelt Ritschel die Szene ab, wenn sich Octavian und Sophie ineinander verlieben, vertraut der Regisseur allein der Kraft der Musik. Das funktioniert auch beim zweiten Paar prächtig, denn Leonora del Rio und Sergio Raonic Lukovic bieten einen spannenden Kontrast zur überbordenden Jugendlichkeit. Dass die Marschallin trotz ihrer Alterswürde in Liebesdingen unterliegt und der Baron von Ochs keineswegs ein tumber Bock, sondern eher ein bemitleidenswerter Ewiggestriger ist, wirkt in dieser Inszenierung wie zwei Seiten einer einzigen Medaille.

 

BLITZ! - Stadtmagazin Dresden

Unmögliches realisiert 

Mit dem Plan, den 150. Geburtstag von Richard Strauss und seinen 1911 in der Semperoper uraufgeführten "Rosenkavalier" zu feiern, hat sich das Mittelsächsische Theater einer Herausforderung gestellt - und gezeigt, dass theoretisch Unmögliches realisierbar sein kann! Sebastian Ritschel, Regisseur und Ausstatter, hat sich szenisch auf das Nötigste beschränken müssen, denn der spätromantische Orchesterapparat nimmt den größten Teil der Bühne ein. Was für eine Freude zu erleben, wie Ritschel allein mit einer ausgefeilten und stimmigen Personenführung einen großartigen Theaterabend bescheren kann.

 

Hagen Kunze - DAZ

Klare Bilder und volles Orchester 

Eine wirklich große Premiere am Theater Döbeln!

Es ist mehr als nur die Premiere des Jahres am Mittelsächsischen Theater, die Rosenkavalier“-Inszenierung zum 150. Geburtstag von Richard Strauss. Und nach gut vier Stunden am Karsamstag ist klar: Die Döbelner wissen das Wagnis, dass die berühmteste Oper des Spätromantikers erstmals auf ihrer kleinen Bühne gezeigt wird, zu würdigen – Beifall über Beifall für diese Produktion mit wahrhaft außergewöhnlichen Ausmaßen.[…]

Im Döbelner Theater liegt dieser Meilenstein des Musiktheaters in den Händen von Sebastian Ritschel, und der Görlitzer Regisseur macht aus der Not, dass das Orchester gar nicht in den Graben passt, eine Tugend: Hier sitzen die Musiker auf der Hinterbühne, das Geschehen spielt auf einem verengten Raum und gleicht einem Kammertheater. Da Ritschel nicht nur der traumhaft schönen Musik von Richard Strauss vertraut, sondern die wichtigsten Vorgänge auch noch mit aufwändig produzierten Videos doppelt, kann nichts schief gehen: Dieser „Rosenkavalier“ bietet klare Bilder und verirrt sich nicht im Ungefähren.