DIE DREIGROSCHENOPER
Kurt Weill
Inszenierung | Licht | Sebastian Ritschel |
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Musikalische Leitung | Christian Garbosnik |
Ausstattung | Rifail Ajdarpasic (B) | Sebastian Ritschel (K) |
Choreografie | Simon Eichenberger |
Dramaturgie | Ronny Scholz | Heiko Cullmann |
Choreinstudierung | Thomas Runge |
Premiere | 28. April 2018 | Staatsoperette Dresden |
Besetzung
Jonathan Jeremiah Peachum | Elmar Andree |
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Celia Peachum | Silke Richter |
Polly Peachum | Olivia Delauré |
Macheath | Marcus Günzel |
Tiger Brown | Christian Grygas |
Lucy | Julia Danz |
Ein Moritaten-Sänger | Jimmy | Andreas Sauerzapf |
Trauerweiden-Walter | Dietrich Seydlitz |
Hakenfinger-Jakob | Jannik Harneit |
Münz-Matthias | Bryan Rothfuss |
Säge-Robert | Gerd Wiemer |
Ede | Nikolas Gerdell |
Spelunken-Jenny | Bettina Weichert |
Betty | Karin Mosig |
Dolly | Katja Rosenberg |
Vixer | Karin Pester |
Molly | Inka Lange |
Alte Hure | Alexandra Strauß |
Filch | Nicolas Streit |
Hochwürden Kimball | Hans-Jürgen Wiese |
Die Königin von England | Jana Maaz |
Smith | Andreas Pester |
Zwei Konstabler | Vasily Arkhipov, Michael Kuhn |
Die Moral | Petra Manns, Torsten Sander |
Ballett der Staatsoperette Dresden | |
Chor der Staatsoperette Dresden | |
Orchester der Staatsoperette Dresden |
Trailer | DIE DREIGROSCHENOPER
Rezensionen
Ursula Ehrensberger - Opernglas
Die Dreigroschenoper
Die Neuproduktion an der Dresdner Staatsoperette […] bediente die Erwartungen, dies jedoch auf so unterhaltsame und gekonnte Art, dass man sich auf hohem Niveau unterhalten fühlen durfte. Eine Revue im Stile der 20er-Jahre, mit Varieté- und Zirkuselementen, hatte Regisseur Sebastian Ritschel auf die von Rifail Ajdarpasic entsprechend quietschbunt ausgestattete Bühne gestellt, die sich geschickt von einer Geisterbahn zur Cabaretbühne, zum Bordell, zum Gefängnis und wieder zurück verwandelte. Beim Personal des Stücks, fantasievoll kostümiert von Ritschel selbst, schien angesichts schwarzer Stoffe und weißer Gesichter eine gewisse Verwandtschaft zur Addams-Family zu bestehen. Immer wieder verblüffte die Inszenierung durch fantasievollen Gags, ob nun die sechs Mitglieder der „Bettler-Platte“ als Horrorclowns auftraten, Lucy beim Eifersuchtsduett den Zaubertrick der zersägten Jungfrau an Polly ausprobierte oder die Gitterstäbe aus Macheaths Gefängniszelle schnell ausgebaut und als Tanzstöcke geschwungen wurden. Dank der flotten Choreografie von Simon Eichberger wirbelte das Ballett der Staatsoperette als Bettler, Unterweltspersonal oder Showgirls über die Bühne, dass das Zusehen eine reine Freude war. […]
Boris Michael Gruhl - www.musik-in-dresden.de
Es geht auch anders, aber so gehts auch
Inszeniert man also diese »Dreigroschenoper« heute, dann sollte der antikapitalistische Zeigefinger unten bleiben und man sollte es ernst nehmen, dass es sich schon zur Uraufführung um eine Opernparodie handelte. Ergo: kein Aufklärungsstück, sondern eher die Parodie der Parodie. Das hat Sebastian Ritschel, Operndirektor der Landesbühnen Sachsen, nun mit seiner Inszenierung an der Dresdner Staatsoperette auch getan – und das geht richtig gut! Die Post geht ab, das Tempo stimmt, die Töne auch, hier singen und spielen Sängerinnen und Sänger mit ihren Erfahrungen in der Oper, in der Operette und im Musical, was der Aufführung sehr zugute kommt.
[…] Ritschel inszeniert so eine schillernde Revue der verführten Verführer, Klischees mit Sahnehäubchen, reizt die Grenzen der Groteske aus, auch mit den von ihm entworfenen Kostümen mit den Zitaten der unterhaltenden Genres, was opernhaften Augenschmaus bedeuten kann oder Clownerie aus dem Zirkus.
Wieland Schwanebeck - Dresdner Neueste Nachrichten
Ein Kessel Kriminelles: fulminante „Dreigroschenoper“
Die Dresdner Staatsoperette brachte am Samstag eine stürmisch bejubelte „Dreigroschenoper“ auf die Bühne. In Sebastian Ritschels u.a. von Comics und Burlesque-Show inspirierter Inszenierung glänzte Marcus Günzel als dämonischer Mackie Messer in einer zeitlosen Fabel über Doppelmoral.
Bertolt Brechts nimmermüde „Dreigroschenoper“ beginnt mit der simplen Regieanweisung „Jahrmarkt in Soho“, und selten dürften sich diese der Moritat von Mackie Messer vorangestellten drei Wörtchen so strukturbildend ausgewirkt haben wie in der Inszenierung der Staatsoperette, die am Samstag Premiere im Kraftwerk Mitte feierte. […] Regisseur Sebastian Ritschel (der ferner für Kostüme und Licht-Design verantwortlich zeichnet) lassen von Beginn an eine betont flotte Sohle aufs Parkett legen, so dass die Welt vielleicht nicht nobel (jedenfalls nicht im charakterlichen Sinne), aber doch mit dem einen oder anderen ausgelassenen Tanz auf dem Vulkan untergehen darf (Choreographie: Simon Eichenberger). Einiges Selbstvertrauen darf man dem Kreativ-Team da schon zusprechen – nicht nur verkneift es sich jegliches Misstrauen in Kurt Weills zeitlose Partitur, die praktisch ausschließlich aus berühmten Gassenhauern besteht, es sucht dem Publikum den Wiedererkennungseffekt auch nicht mit aufgesetzter Sprödigkeit und einem Wasser-und-Brot-Brecht zu verderben. Lässt Macheath sich als Henkersmahlzeit im Old Bailey Spargel reichen, dann kredenzt dieser Abend mit seiner schnoddrig-sympathischen Was-kostet-die-Welt-Attitüde ein nicht minder exquisites Menü dazu – betont bonbonfarben.
Im wörtlichen Sinn farblos nehmen sich allenfalls die Gesichter der Akteure aus, denen die Maske ein ums andere Mal Leichenblässe verpasst, was etwa die Familie Peachum an die Addams Family und den von Andreas Sauerzapf gespielten Moritatensänger an Joel Greys morbiden Conférencier aus „Cabaret“ erinnern lässt. […] Überhaupt wird nicht am Spektakel gegeizt: Etwas Inferno und Zaubershow gesellen sich zu Burlesque und Slapstick-Kino, Rifail Ajdarpasics Bühnenbild verschneidet Bordell, Gerichtssaal und die Doktor-Mabuse-artige Kommandozentrale des Bettlerkönigs Peachum mit Geisterbahn, Karussell und Spiegelkabinett.
Innerhalb der karnevalesken Logik der Veranstaltung leuchtet dann auch die Entscheidung ein, aus Macheaths Gangstertrupp eine Bande von Terror-Clowns (angeführt von Jannik Harneits aalglattem Hakenfinger-Jakob) zu machen und Macheath selbst beim Joker, Batmans Erzfeind, in die Schule zu schicken. […] Der Bilderrausch dieser comichaft überladenen Welt lädt durchaus dazu ein, gegen die Inszenierung selbst gekehrt zu werden, die ohne Berührungsängste ebenjenem Exzess frönt, den Brecht und Weill als Dauersymptom der lüsternen Bourgeoisie vorführen. Aber wie dieser Kessel Kunterbuntes einem von sprichwörtlich gewordenen Texten und allseits bekannten Melodien strotzenden theatralen Dauerbrenner, der die Korruptheit der Eliten ebenso wie die Angst vorm Aufstand der Abgehängten zum Thema macht, neues Blut einhaucht, fand zur Premiere völlig verdient uneingeschränkten Publikumszuspruch.
Rainer Kasselt - Sächsische Zeitung
Von Ohrwurm zu Ohrwurm
In der Staatsoperette Dresden wird „Die Dreigroschenoper“ von Brecht und Weill zur schmissigen Jahrmarktrevue.
Der Intendant hatte einen Traum. […] Sein Traum hat sich erfüllt, das Resultat kann sich mehr als sehen lassen. Die Premiere am Sonnabend wurde minutenlang gefeiert. Regisseur und Kostümbildner Sebastian Ritschel, Opernchef der Landesbühnen Sachsen, siedelt das Stück im Entstehungsjahr an. […]
In Dresden geht’s gleich richtig los mit der Moritat von Mackie Messer „Und der Haifisch, der hat Zähne“. Hereinspaziert in das Jahrmarktsfest von Soho […] Die Aufführung jagt von Gag zu Gag, spielt mit romantischen Klischees der Oper und eilt von Ohrwurm zu Ohrwurm.
Die Ausstattung von Rifail Ajdarpasic spart nicht an riesigen Pappfiguren, lebensgroßen Pferden und fabelhaften Lichtinstallationen. Regisseur Ritschel spielt souverän mit Jahrmarkt- und Show-Effekten der Zwanzigerjahre. Im Eifersuchtsduett zwischen Polly und Zweitfrau Lucy wird eine der beiden Jungfrauen zersägt, gut gesungen und gespielt von Olivia Delauré und Julia Danz. Die gestandenen Solisten der Staatsoperette behaupten sich nicht nur gesanglich, sondern auch spielerisch wacker. Eine famose Charakterstudie als polternde und praktische Mrs. Peachum bietet Silke Richter, ein Höhepunkt ihre „Ballade von der sexuellen Hörigkeit“. Ein Feuerwerk an Humor, Akrobatik und spöttischem Aufbegehren brennen die sechs Banditen um Hakenfinger-Jakob (Jannik Harneit) und Trauerweiden-Walter (Dietrich Seydlitz) ab. In ihren Clowns-Kostümen wird die schräge Sechserbande zum Hingucker des Abends.